MAGAZIN

Vorbemerkung des Komponisten

 

Thomas Köcks Theaterwerk »eure paläste sind leer (all we ever wanted) - eine missa in cantu« liegt in gekürzter und adaptierter Form meiner neuen Oper für Weimar zugrunde. Die Stoffwahl und diese Zusammenarbeit wurden angeregt von Rolf C. Hemke, dem Leiter des Kunstfests Weimar und der Operndirektorin und Regisseurin Andrea Moses. Thomas Köck ist ein inspirierender Dramatiker, dessen Arbeit ich schon seit längerem beobachte und dessen musikalische Sprache sich geradezu ideal als Vorlage für ein Musiktheaterwerk eignet. Die drei Themenstränge des Librettos: ›im Palast‹ – ein dystopisches Bild, quasi aus der Zukunft; ›am Amazonas‹ - ein Bild aus der Vergangenheit: die Suche der Konquistadoren nach Eldorado; ›in Suburbia‹ — ein Bild aus der Gegenwart, das die Opiatepidemie in der westlichen Welt in den Fokus nimmt; bedürfen jeweils einer eigenen, ganz charakteristischen Musik. Mein Motto war: Vielfältigkeit ja, Beliebigkeit nein. Es gibt schließlich eine Fülle an musikalischen Querbeziehungen zwischen den Strängen, die auch im Libretto so kunstvoll miteinander verflochten sind.

 

Bühnenbild von Raimund Bauer (Foto: Candy Welz)

Thematisch sind sie jedenfalls zeitlos und brennend aktuell zugleich – eminent politisch, aber sprachlich stets poetisch und eigenwillig umgesetzt. Das hat mich für die Musik sehr inspiriert:

 

»Dieser mächtige, laute, melancholische Gesang, in den immer mehr Stimmen und Erinnerungen einfallen« (Thomas Köck)

 

bietet mir in seiner durchaus experimentellen Anlage die Möglichkeit, ein multiperspektivisches Werk über den Kapitalismus, die Macht und ihre missbräuchliche Verwendung zu komponieren. Ich stelle mir ein schillerndes, komplexes Ganzes vor, das traditionelle Kategorien wie Arie, Rezitativ, Ensembleszene oder Chorpassage zugunsten einer mehrschichtigen, hybridhaften Szenenanlage in den Hintergrund treten lässt.

Eine neue Art der szenischen Narration, weder statisch noch linear, bei der Musik wie Text ihre Autonomien zwar behalten, sich bisweilen aber zu einem eigenwillig-soghaften Amalgam vermischen sollen, schwebte mir dabei vor.

 

Sieben Gesangssolist*innen, ein*e Schauspieler*in, ein großer gemischter Chor (aus dem bisweilen auch Nebenfiguren treten) werden von einem mittelgroßen Orchester begleitet. Dieses besteht aus je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten und Fagotten, vier Hörnern, zwei Trompeten und Posaunen und einer Tuba, drei Schlagwerken, einem Klavier und Midi-Klavier, sechs ersten und zweiten Violinen, je vier Violen und Celli und zwei Kontrabässen. Auch die Elektronik (Tonbandkompositionen, Live-Ambientes und Live-Elektronik) übernimmt eine wichtige Rolle in diesem Werk.

 

Johannes Maria Staud, VII 2023