ARTIST IN RESIDENCE

Fazıl Say

 

Fazıl Say wurde 1970 in Ankara (Türkei) geboren. In den Sinfoniekonzerten der Saison 2022/23 ist er mit zwei eigenen Werken und als Pianist mit Konzerten von Ravel und Beethoven zu erleben.

Fazıl Say, der heute als Künstler in der ganzen Welt zu Hause ist, studierte an der Düsseldorfer »Robert Schumann«-Hochschule und an der Berliner Universität der Künste. Der Bezug zu den eigenen kulturellen Wurzeln ist in seiner Musik nichtsdestotrotz immer zu spüren: Die Türkei mit ihrem kulturellen Reichtum, aber auch ihrer Zerrissenheit zwischen Ost und West, zwischen Tradition und Moderne, nennt er seine Inspiration. 

Say gilt als Paradiesvogel der Konzertbühne. Er sucht stets das Besondere, will erzählen und gefangen nehmen. Sein 2. Violinkonzert entstand im Lockdown-Frühjahr 2020 und kontrastiert die Einsamkeit der Quarantäne mit dem regelrecht auskomponierten Duft und der Aufbruchstimmung des erwachenden Frühlings. Die Uraufführung des neuen Konzerts für Klavier vierhändig, dem die Brüder Lucas & Arthur Jussen in der Weimarhalle das Licht der Bühne erobern, beschließt den Reigen der Entdeckungen aus der Feder Fazıl Says.

Mit Beethoven, dessen eigensinniges 3. Klavierkonzert er in Weimar interpretiert und mit dem er zweifellos die Neigung zu perkussivem – wie er selbst sagt: »pulsivem« – Klavierspiel teilt, verbindet Fazıl Say das grundlegende Bedürfnis, als Künstler aktiv in die Gesellschaft hineinzuwirken und politisch Stellung zu beziehen. Say hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder auch als Verfechter der Menschenrechte Gehör verschafft. Er stand in seiner Heimat wegen »Verunglimpfung religiöser Werte« vor Gericht, wurde jedoch im Sinne des Rechts auf freie Meinungsäußerung rehabilitiert. Ein gerne auch mal lauter Künstler, der keineswegs frei von Angst ist.

3 Fragen an Fazıl Say

 

1. Worauf freuen Sie sich am meisten in Weimar und was ist ihr Bezug zur Staatskapelle Weimar?

Weimar ist eine Stadt von großer kultureller Bedeutung und ich bin wirklich glücklich, hier einige Konzerte zu geben. Über die Staatskapelle Weimar habe ich in Musikerkreisen sehr viel Gutes gehört. Ich bin sehr stolz, mit diesem bedeutenden Orchester gemeinsam zu musizieren.

 

2. Was sind für Sie »riskante Träume«?

»Riskante Träume«... Ich finde, das Wortspiel und das Motto sind sehr schön gewählt. Es trifft total auf mich zu, denn mein eigenes Leben war bisher voller riskanter Träume. Um unsere Träume zu verwirklichen, müssen wir Risiken eingehen. Ansonsten ist es kein Traum, wenn er frei von jeglichem Risiko ist. Mein Traum ist, das Heute immer besser zu machen als das Gestern. Der morgige Tag sollte besser sein als der heutige. Diese Philosophie hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Ich werde mich als Pianist, Komponist, Musiker und Aktivist immer für eine bessere Zukunft einsetzen.

 

3. Haben Sie persönliche Berührungspunkte mit den Weimarer »Größen« wie Franz Liszt, Friedrich Schiller oder J.W. Goethe? 

Gehörten Goethe und Schiller wie hierzulande auch in Ihrer Heimat zum Kanon der Schulbuchliteratur? Liszt, Schiller und Goethe, die zu den wichtigen Persönlichkeiten Weimars gehören, haben natürlich einen besonderen Platz in meinem Leben, wie auch viele andere. Ich habe viele Werke von Liszt gespielt, Konzerte, Etüden, insbesondere die h-Moll-Sonate, und das viele Male überall auf der Welt. Für mich ist er ein sehr wichtiger Komponist. Ob Goethe einen Platz im Schulsystem in meiner Heimat hat? Das weiß ich ehrlich gesagt nicht, aber in Literaturkreisen ist er definitiv auch in meinem Land ein bekannter Schriftsteller. Ich habe »Faust« und »Die Leiden des jungen Werther« sowohl auf Deutsch als auch auf Türkisch gelesen, genau wie »Goethe in Weimar«. Außerdem gehören die »Goethe-Lieder« zu meinen Arbeiten, die auf Goethes Gedichtsammlung »West-östlicher Divan« basieren.